Ein bisschen wie Spiderman

Till Neumann hat an der sieben Meter hohen Wand verschiedene Routen getestet.

Sieht aus wie ein Wettrennen, ist aber keins. Beim Klettern in Haslach geht jeder sein eigenes Tempo.

Till Neumann klettert für den SchwaBo

Bevor ich mit Lisa Kopas von den Haslacher Naturfreunden in der Eichenbachsporthalle in Haslach an die Kletterwand darf, muss ich mich erst einmal in Schale werfen. Im Schuhschrank des Vereins soll ich mir ein paar Kletterschuhe suchen. Unter den zahlreichen Exemplaren ist auf den ersten Blick nichts für meine großen Füße dabei. »Du brauchst sowieso kleine Schuhe«, erklärt mir ein Sportsmann. »Die Füße müssen im Schuh etwas gebogen werden, um an derWand den richtigen Griff zu haben.«
Also schnappe ich mir ein etwas ausgebeultes gelbschwarzes Paar und zwänge mich hinein. Angenehm ist das nicht – aber Hauptsache ich komme damit gut die Wand hoch, denke ich mir. Dann gibt mir Lisa einen Klettergurt, den ich um Beine und Hüfte lege.
Bevor ich meine ersten Versuche an der Wand starte, gibt es eine kurze Einweisung: »Wichtig ist, nicht zu sehr mit den Armen zu ziehen«, sagt Lisa. Viel besser sei es, sich mit den Beinen die Wand hochzudrücken. »Da hat man einfach mehr Kraft«, so die erfahrene Kletterin.
Dann hänge ich das rote Seil in den Karabiner an meinem Klettergurt. An der etwa sieben Meter hohen Wand sind überall bunte Griffe angebracht. Jede Farbe stellt eine Kletterroute dar. Ich beginne mit der einfachsten Tour, den grünen Griffen.
Die ersten Bewegungen sind leicht: Stück für Stück arbeite ich mich an der sieben Meter hohen Wand nach oben. Dabei bewege ich Arme und Beine immer nacheinander. Erst sucht sich die linke Hand einen Griff, dann die rechte, danach das rechte Bein und dann das linke. Vor jeder Bewegung suche ich die Wand nach dem passenden Griff ab. Das ist gar nicht so einfach. Denn von unten ist nicht immer zu sehen, wie viel Halt ein Griff wirklich bietet. Manche sind ausgehöhlt und sehr griffig, andere sind eher rund. Manche sind so klein, dass man sie kaum greifen kann. Unglaublich, wie man sich an so etwas festhalten kann.
Nach ungefähr vier Metern komme ich plötzlich nicht mehr weiter. Über mir ist einfach kein Griff zu finden, an dem ich mich festhalten könnte. Etwas verzweifelt schaue ich zu Lisa, die mich mit dem Seil sichert: »Ich komme nicht mehr weiter. Was mache ich jetzt?« »Versuche den Griff links über dir zu erreichen«, antwortet sie. Ich fixiere ihn, mache meine Beine lang und strecke meinen Arm Richtung Griff – geschafft. »Ich hab ihn!«
Von da aus wird es wieder einfacher. Wenige Minuten später bin ich oben angelangt – und ganz schön erschöpft. »Lass dich zum Abseilen einfach nach hinten fallen«, ruft Lisa. Mit einem etwas mulmigen Gefühl mache ich das. In sieben Meter Höhe einfach so loszulassen, kostet Überwindung. Doch bevor ich in Panik gerate, spüre ich, dass das Seil mich hält. Lisa lässt es langsam durch ihre Hände gleiten. Stück für Stück gleite ich nach unten. Dabei laufe ich quasi rückwärts die Wand runter. Ein bisschen fühlt es sich an wie Spiderman. Bloß eben rückwärts.
Wieder unten angelangt, erzählen Lisa und ihr Kletterpartner Michael Rehm von ihrer Leidenschaft. »Geklettert wird hier immer zu zweit. Einer ist an derWand. Der andere sichert ihn mit dem Seil«, sagt Lisa. »Es ist wichtig, dass man sich gut kennt und miteinander redet«, ergänzt Michael. Gehe einem Kletterer die Kraft aus, solle er unbedingt immer gleich Bescheid geben. So kann der andere sich auf die Situation einstellen. Ebenso wichtig sei es, dass derjenige, der sichert, den Partner an der Wand im Auge behält. Auch das, um schnell reagieren zu können.
Beide sind von dem Sport fasziniert: »Ich kann dabei abschalten wie bei nichts anderem. Wenn ich von der Arbeit gestresst bin, kann ich beim Klettern alles vergessen«, sagt Michael. Lisa nickt zustimmend. »Es ist ein sehr direktes Erlebnis. An die Wand zu gehen, ist immer wieder eine Herausforderung. Man lernt so auch seine Ängste zu überwinden. Und wenn man oben ist, ist das Erfolgserlebnis um so schöner.«
Michael warnt aber: »Anfänger sollten sich immer von einem Profi einweisen lassen. Sonst können vor allem beim Sichern entscheidende Fehler gemacht werden.« Doch auch Profis begehen manchmal Fehler, soMichael. Der Grund sei Unkonzentriertheit oder Selbstüberschätzung.
Beide betonen aber, dass der Sport, wenn man ihn richtig betreibt, eigentlich recht ungefährlich ist. Größere Verletzungen hatte noch keiner von ihnen. Das Kritischste, das sie erlebt haben, war, fast fünf Meter in die Tiefe zu fallen. Erst dann hat das Seil sie aufgefangen. »Das war schon richtig heftig«, erinnert sich Lisa.
Nach dem kurzen Gespräch habe ich wieder Kraft getankt, um noch einmal die Wand zu erklimmen. Dieses Mal wähle ich eine etwas schwerere Route. Im oberen Teil hat sie sogar einen leichten Überhang. Die ersten Meter komme ich gut voran. Wahrscheinlich auch, da ich mich nicht an die farblichen Strecken halte, sondern immer die leichtesten Griffe wähle. Überraschenderweise komme ich auch hier bis ganz nach oben. Dort angekommen, merke ich die Anstrengung in Armen und Beinen aber deutlich. Wieder unten gönne ich mir eine kurze Pause und schaue den anderen zu. Unter den rund 20 Kletterern sind deutlich mehr Männer als Frauen. Die meisten sind zwischen 20 und 35 und ziemlich sportlich. Aber auch etwas Ältere ziehen sich geschmeidig die graue Wand hoch.
Links neben der großen Kletteranlage in Haslach ist eine weitere, aber nur rund vier Meter hohe Wand. »Das ist zum Bouldern«, erklärt mir Lisa. (Boulder ist Englisch und bedeutet »Felsblock«). Bei dieser Spezialdisziplin wird ohne Seil und Gurt geklettert. Die Routen sind oft horizontal angebracht. »Das Bouldern ist sehr athletisch und ein gutes Training«, sagt Lisa. Selbst klettert sie am liebsten draußen. Echte Berge seien einfach durch nichts zu ersetzen.

Fazit: Klettern ist einfacher als gedacht. Durch die vielen Griffe ist der Schwierigkeitsgrad spielerisch zu variieren. Wer die Herausforderung mag, findet sie in kleinen Griffen und Überhangklettern. Wer es gemütlich bevorzugt, sucht sich einfache Routen, um nach oben zu kommen. Schön ist auch, dass man sich vonMal zuMal steigern kann. Da der ganze Körper gefordert wird, ist Klettern eine tolle Möglichkeit, um imWinter rundum fit zu bleiben. Die Naturfreunde laden immer Mittwoch- und Freitagabend zum Mitklettern ein.

Till Neumann

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